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25.02.2005 - Nürnberger Zeitung

 

Musikalische Frühjahrsfantasien

 

Genau zum richtigen Zeitpunkt beschert das „Internationale Damensalonorchester Bella Donna“ die Premiere seines neuen Programms: Weil momentan nur Schlaumeier das Gras wachsen hören, alle anderen aber noch vergeblich nach der ersten Krokusblüte Ausschau halten, bringt das Sextett nun musikalisch frühlingshafte und sommerliche Fantasien mit „Blumengeflüster“ zum Blühen.


Über Lampenfieber können die Belle Donne erhaben sein. Schließlich ernteten ihre Botschaften durch die Blume Anfang dieser Woche reichlich Applaus an den zwei „Musikalischen Damentee“-Nachmittagen, zu denen der „Damenclub zur Förderung der Oper Nürnberg“ eingeladen hatte. Den jeweils hundert Gästen im komplett ausverkauften oberen Foyer des Opernhauses haben die bestens aufeinander eingespielten Musikerinnen bereits Ausschnitte aus ihrem „Blumengeflüster“-Programm präsentiert.

Bei Blumen darf der Strauß nicht fehlen

Für Begeisterung sorgte Heiteres von Rimsky-Korsakows „Hummelflug“ bis zum „Tango rondino per Bella Donna“, den sich der Nürnberger Komponist und Pianist Heinrich Hartl eigens für das Sextett hat einfallen lassen. Als heftig herbeigeklatschte Zugabe war „Dein ist mein ganzes Herz“ zu hören. „Am liebsten hätte ich mitgesungen. Das alles hat meinen Geschmack hundertprozentig getroffen“, schwärmte Betti Kunst. Ihre Tischnachbarin Erika Hassler bilanzierte: „Ein Glücksfall.“

Sicher, „wenn es um Blumen geht, dann darf er nicht fehlen, der prächtige Strauß, ob er nun Johann oder Richard heißt“. Dann wird beispielsweise auch ein „Rosenkavalier“-Walzerpotpourri zum Besten gegeben. Die Belle Donne betören ihr Publikum jedoch nicht nur mit leichter Muse und bestens bekannten Melodien. Vielmehr macht’s die Mischung aus Evergreens und Neuentdeckungen. Da kann das Bella Donna-Ensemble aus dem Vollen schöpfen. „Wir haben die umfangreiche Salonmusik-Bibliothek aus dem Nachlass des Pianisten Ernst Gröschl aufgekauft“, berichtet die Flötistin Gudrun Bähr. „Unter den Notenblättern haben wir so tolle Sachen aufgestöbert wie die ‚Romanze’ von Clemens Schmalstich."

Das Bella Donna-Ensemble hat feste Prinzipien, was die Zusammenstellung seiner Programme anbelangt. Jedes davon widmet sich einem speziellen Thema, das sowohl musikalisch als auch literarisch ergiebig sein muss. Überraschende Seiten sollte es ebenfalls bieten. Ein Musterbeispiel dafür ist „Mit Casanova on Tour“. Dabei beschwört das Sextett eben nicht bloß — mit ironischem Augenzwinkern — den Mythos vom berühmt-berüchtigten Liebhaber, sondern stellt ihn auch als Weltbürger und Philosophen mit faustischen Neigungen vor. Zur Vorbereitung auf das musikalisch-literarische Wechselspiel haben die Musikerinnen unter anderem die 13-bändigen Lebenserinnerungen des Giacomo Girolamo Casanova studiert, die neben seinen erotischen Abenteuern auch höchst interessante Reisebeschreibungen enthalten.

Obwohl das Sextett in traditioneller Wiener Salonbesetzung — zwei Violinen, Violoncello, Flöte, Kontrabass und Klavier — spielt, versteht es sich nicht als reines Salonorchester. Klassik und Operettenmelodien spielen die sechs bestens ausgebildeten Profimusikerinnen mit internationaler Bühnenerfahrung in Orchestern oder als Solistinnen gleichermaßen gern. Wie ein exquisites Menü muss auch ein Konzertprogramm abwechslungsreich sein, findet die Violinistin und Konzertmeisterin Zsuzsa Zsiszmann, die überhaupt viele Parallelen zwischen Kochkunst und Musik sieht: „Pudding ist ein Genuss — aber vier oder fünf Portionen hintereinander sind bestenfalls langweilig.“ Entsprechend darf die eine oder andere Melodie im Programm „ruhig richtig kitschig“ sein, denn anschließend folgt ein musikalisches Gegenstück oder eine humorvolle Moderation. „Mal süß, mal pikant — mal zart, mal prickelnd“ ist das „Tafelspitzen“-Programm als „klingende Speisekarte“ konzipiert. Das erotisch gewürzte literarisch-musikalische Menü reicht von Rossini bis Mozart und von Marcel Proust bis zu Salvador Dali. Zum Dessert schlägt es Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“ vor.

Nach bewährter Bella Donna-Manier ist auch „Blumengeflüster“ ein Kontrastprogramm, in dem die Grenzen zwischen E- und U-Musik spielfreudig übersprungen werden. Bach und Tschaikowski erweisen sich als durchaus vereinbar mit Operetten-Seligkeit à la Carl Zeller („Schenkt man sich Rosen in Tirol“). Und zwischendrin erblüht „Mein kleiner grüner Kaktus“. Botanische Hintergedanken hegte das 2001 gegründete Sextett übrigens bereits bei der Wahl seines Namens. „Bella Donna“ steht nicht nur für die schöne Frau, sondern auch für die Schwarze Tollkirsche, erklärt Gudrun Bähr. Und ergänzt, nicht ohne sich dabei köstlich zu amüsieren, dass das Nachtschattengewächs in seinen Wirkungen Gemeinsamkeiten mit dem Wesen von Frauen aufweist: Die Beeren sind giftig, Wurzeln und Blätter indes wohltuend.

Mag das Ergebnis auf der Bühne auch noch so beschwingt und sinnenfroh daherkommen, es stecken viel Aufwand und Arbeit dahinter. Und mitunter heftige Diskussionen, „denn wir entscheiden alles basisdemokratisch“. Gleichberechtigung ist auch eines der obersten Gebote bei den Arrangements. Jede der sechs brillanten Instrumentalistinnen bekommt Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen.

ELISABETH ZEITLER

 

 

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