19.01.2007 -
Der Bote, Altdorf
Treffend
gewähltes Motto fürs Neujahrskonzert
ALTDORF
Andrer Blumen Liebesleben ich ins Ohr ihm leise raun
(Géza
Zichy). Kalendarisch eigentlich höchst unpassend, in Anbetracht der gegenwärtigen
Witterung doch erstaunlich treffend gewählt war das Motto des diesjährigen
Neujahrskonzerts, zu dem der Altdorfer Kulturkreis traditionell in den passend
geschmückten Betsaal des Wichernhauses eingeladen hatte.
Nach amouröser Liebestour mit Casanova und üppigem Dinner
mit Tafelspitzenmusik präsentierten die hochkarätigen Solistinnen des
Internationalen Damensalonorchesters Bella Donna diesmal
Blumengeflüster, das sie dem sichtlich amüsierten und begeisterten Publikum
in gewohnt gekonnter Mischung aus perfektem Musizieren und komödiantischer Conference
hintergründig und humorvoll inszeniert zu Gehör brachten. Flüsternd näherten sich die
Künstlerinnen Franz von Blons einleitendem Konzertstück Blumengeflüster
sowie Tschajkowskis populärem Blumenwalzer, der bei diesem Thema natürlich
nicht fehlen durfte.Was eine alte fette Hummel den Blüten beim Vorgang der
Befruchtung so alles erotisch zuraunt, ließ die Würzburger Kontrabassistin Katrin
Triquart in den atemberaubend virtuos gebrummten Läufen bei Nikolaj Rimsky-Korsakows
berühmtem Hummelflug erahnen, während die sehnsuchtsvolle
Romanze (von Clemens Schmalstich) zwischen einem Schmetterling und einer
weißen Nymphaea-Seerose in den klangvollen Kantilenen der Querflöte von Gudrun Bähr
(Uruguay) ihren betörenden Ausdruck fand.
Nach so viel Liebeszauber wirkten Julia Goldsteins
Notfalltropfen wahre Wunder: Die in Altdorf lebende russische Pianistin
demonstrierte die stressabführende Wirkung ihrer Bachblütentherapie an einer
Mixtur aus zwei Präludien des gleichnamigen Meisters.Wie international besetzt
Bella Donna ist, wurde in dem jeweils muttersprachlich eindrucksvoll
vorgetragenen Zephir-Gedicht deutlich, dessen musikalischen Widerhall im
gleichnamigen Satz aus dem Blumenleben von Jenö Hubay die ungarische
Primgeigerin Zsuzsa Zsizsmann mit halsbrecherischen Flageolett- und Doppelgriffpassagen
zum Klingen brachte.
Nachdem das musikkundige Altdorfer Publikum im restlos
ausverkauften Betsaal in einem Musikquiz sein Fachwissen über Käseaufschnitt im
Jumbo-Jet (Der fliegende Holländer) und Opern-Supermärkte
(Bellinis Norma) zeigen durfte, berichteten die sechs Klassefrauen aus
sechs Nationen vom äußerst kräuterhaltigen Wellness-Kur-Stress vor
einem Opernbesuch mit einem Walzerpotpourrie aus Richard Strauss
Rosenkavalier. Die danach erforderliche Erholung spendete die wie gewohnt
notariell gesponserte Sektpause. Die folgende Reise in den Süden, ins Land, wo die
Zitronen blühn (Goethe), hat Wolfgang Manz den Damen von Bella Donna
auf den Leib geschrieben: Sein Arrangement von Ernst Fischers Südlich der
Alpen entpuppte sich ebenso wie der beliebte Kleine grüne Kaktus
(volkstümlich auch: Schwiegermuttersitz) als Klavierkonzerte im Salonformat,
die Julia Goldstein mit Bravour und Spielwitz bewältigte. In Ruggiero Leoncavallos
Mattinata stellten Sekundgeigerin Milada Schwartz aus Tschechien und Cellistin
Valerie Sattler (USA) unter Beweis, dass sie nicht nur höchst einfühlsam begleiten,
sondern ebenso betörend Kantilenen dahinschmelzen lassen können.
Der Nürnberger Komponist Heinrich J. Hartl, Träger des
Wolfram-von- Eschenbach-Kulturpreises des Bezirks Mittelfranken 2006, hat den
musikalischen Damen ein harmonisch wie rhythmisch originelles Tango rondino per
Bella Donna gekonnt auf den Leib geschrieben. Interpretinnen und der anwesende
Komponist wurden vom Publikum zu Recht gebührend gefeiert.
Welche Blüten im übertragenen Sinn Blumen
treiben können, verdeutlichten die Conferencen zu Neil Morets Mohnblumen und
Johann Strauß Polka Von der Börse: Japanische Blumensteckkunst
Ikebana als Befriedungsstrategie gegen blutige Ruin an der Tulpen-Börse.
Glücklicherweise schloss sich der thematische Bogen mit Blumen als Liebessymbol in Carl
Zellers Walzer Schenkt man sich Rosen in Tirol.
Die von den Zuhörern stürmisch geforderten Zugaben
gewährten die belle Donne gerne mit Hubays Champagner-Polka und
einem Charleston. Nachdem Wichernhaus-Leiter Volker Deeg und Notarin Christine
Oberhofer die Begrüßung übernommen hatten, bedankte sich Jens Kirchner abschließend
stellvertretend für seine Notariats-Kollegen und das Publikum bei den Künstlerinnen und
der Organisatorin Sieglinde Hungershausen für einen in jeder Hinsicht gelungenen
musikalischen Blumenreigen, den die Besucher mit Franz Lehárs Dein ist mein ganzes
Herz in ein hoffentlich friedliches und farbiges neues Jahr mitnehmen durften.
ULLRICH REUTER
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