06.02.2012 -
mainpost.de, Rhön-Grabfeld
CASANOVA RUFT AUF
DEM HANDY AN
Draußen
herrschen Temperaturen, die alles erstarren lassen, drinnen erklingt Musik, gespielt von
sechs attraktiven Damen, die das Blut in Wallung bringt. Das Gastspiel des internationalen
Damensalonorchesters Bella Donna im Kloster Wechterswinkel wurde von einem
faszinierten Publikum begeistert aufgenommen. Es endete mit Beifallsstürmen.
Die sechs temperamentvollen Musikerinnen aus sechs Ländern
zeigten viel Herzblut und enorme Spielfreude, beherrschten ihre Instrumente und
präsentierten sich als echte Virtuosinnen. Ihre Spritzigkeit und gute Laune wirkte
ansteckend. Rasch sprang der Funke der Begeisterung von den Künstlerinnen auf die
zahlreichen Besucher über. Mit einer gekonnten Mischung aus eingängigen Melodien,
feurigen Klangbildern und der humorigen Darbietung von Episoden rund um den venezianischen
Frauenhelden Giacomo Casanova zog das Sextett das Publikum rasch in seinen Bann.
Die Musikerinnen nahmen die Zuhörer auf höchst
unterhaltsame Weise mit auf eine Reise zu verschiedenen Lebensstationen des
skandalumwitterten Weltmannes, Dichters, Politikers und Liebhabers. Stets war der
Frauenliebling präsent. Ob in den Musikstücken, wenn die Ouvertüre zu Mozarts Oper
Don Giovanni erklang und er sich im Titelhelden vielleicht selbst erkannt hat,
oder auch zwischen den Stücken, wenn plötzlich ein Handy klingelt, vermeintlich Casanova
selbst am anderen Ende ist und die Frauen die Instrumente stehen lassen und nur noch für
ihn Ohren haben.
Primadonna Zsuzsa Zsizsmann (Ungarn,
Solovioline), Mascha Rajkovic (Serbien, Sekundvioline), Gudrun Bähr (Uruguay, Flöte),
Valerie Sattler (USA, Violoncello), Katrin Triquart (Deutschland, Kontrabass) und Veronica
Lobanova (Russland, Klavier) beherrschen ihre Instrumente nicht nur par excellence,
sondern reißen das Publikum auch mit ihrer frech-frivolen Art mit, ergehen sich in
anzüglichen Andeutungen und werden dann und wann auch konkreter. Sie lassen La
Danza (Rossini), ein weiteres Menuett aus Mozarts Don Giovanni, den
Stundentanz aus La Gioconda (Ponchielli), das Intermezzo Sinfonico
(Mascagni) oder auch die Grande Polonaise Brillante von Frederic Chopin
erklingen. Ja sogar ein Walzer aus Coppelia (Delibes) tanzt durch den
Festsaal. Dazwischen erfährt man viel Eigentümliches aus dem Leben Casanovas.
So plaudern die Frauen beispielsweise Einzelheiten aus den
gemeinsamen Frühstücken mit Mozart aus, der sich Casanova als Mann von
dämonischer Schönheit vorgestellt hatte. Sie erinnern an seine erste große Liebe,
an seine Zeit als Gefangener in den venezianischen Bleikammern und seine spektakuläre
Flucht und schließlich an seine Memoiren, die er im Alter von 66 Jahren in französischer
Sprache zu schreiben begann. Über Frankreich gelangen die Zeitreisenden im Kloster
Wechterswinkel im zweiten Teil des Konzertes nach Italien, wo das Publikum gut gelaunt das
Chianti-Lied mitsingt und fasziniert Capriccio Lehars Dein
ist mein ganzes Herz lauscht.
Teuflisch geht's bei Diabolo zu, dem ein
Tango Jalousie folgt. Amüsant, frech und prickelnd erotisch erzählen die
sechs Damen die Geschichte von Casanova und der Nonne. Sie deklarieren die Teilnahme am
60-stündigen Maskenball am Hofe Katharinas der Großen mit 5000 Gästen kurzerhand zu
einem Höhepunkt in Casanovas Leben und kommen zu dem Schluss: Es wird Zeit, dass
auch in Wechterswinkel ein Maskenball stattfindet!
Selbst hinter einer Maske verborgen, spielt das in
traditioneller Wiener Salonhistorie besetzte Damenorchester Mein Liebling
tanzt. Zwei Zugaben kann das Publikum noch genießen und am Ende einfach nur
zustimmen, wenn es beim Rückblick auf Casanovas ausschweifendes Leben heißt: Welch
ein Vergnügen ist es, sich an sein Vergnügen zu erinnern!
Quelle: mainpost.de
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