08.01.2003 -
Fränkische Landeszeitung / Nr. 5
Das
Damensalonorchester "Bella Donna" spielte auf
Launige Hommage
Sechs Musikerinnen
malen ein buntes Casanova-Bild
ANSBACH -
Ein Salonorchester zum Dreikönigstag in Ansbach, das riecht nach alter Tradition. Ist es
aber nicht wirklich, denn der Platz der sang- und klanglos verblichenen Kaffee- und
Kuchen-Konzerte in der Karlshalle haben nun die sechs musikalischen Damen von "Bella
Donna" besetzt, die in den Kammerspielen ihr "Casanova"-Programm
vorstellten.
Eine launige Hommage an den
größten aller Liebhaber. Nur, dass Primgeigerin Zsuzsa Zsizsmann, Sekundviolinistin
Milada Schwarz, Gudrun Bähr (Flöte), Valerie Sattler (Cello), Maren Heinrich
(Kontrabass) und Julia Goldstein (Piano) das glatte Gegenteil eines Liebhaber-Orchesters
sind. Bei dieser inspirierten Frauencombo wird in jeder präzisen Intonation, jedem
perfekten Einsatz, jedem absolut synchron ausgeführten Rubato der professionelle
Hintergrund der Musikerinnen spürbar.
Bella Donna" ging vor etwa zwei Jahren aus dem (nach internen Problemen
aufgelösten) Damenorchester Lilienweiß" hervor - und führt dessen Linie
konsequent weiter. Witzige Zwischentexte dienen als Klebstoff", der Stücke
zwischen Salon und Opernbühne zusammenhält.
Da steht Mozarts Don Giovanni" gleichberechtigt neben Mascagnis
Cavalleria Rusticana", der Winkler-Schlager neben der Chopin-Polonaise, der
Tango Jalousie" neben dem Stundentanz" - weil sie eher klingende
Illustrationen eines wohl überlegten Casanova-Porträts sind, als eigenständige
musikalische Nummern.
Dies macht bei Bella Donna" wohl den Hauptunterschied zu anderen
Salonensembles aus: Während jene meist eine mehr oder weniger inspirierte Folge von
salonesken Zugnummern kredenzen (bei denen es auch herzlich wenig ausmacht, wenn
zwischendurch mit Kaffeetassen geklappert oder mit Kuchentabletts gescheppert wird),
arbeitet das multinationale Sextett mit einem klaren Konzept, einer pointierten
Inszenierung, in der wenig dem Zufall überlassen wird.
In der Causa Casanova" gelingt es so, ein facettenreiches, stark erotisch
geprägtes Casanova-Bild zu malen, das dank vieler Details nie holzschnittartig wirkt.
Casanova, der Frauenschwarm, dessen Anziehungskraft sogar eine Nonne erliegen musste.
Casanova, der spektakuläre Ausbrecher aus dem venezianischen Bleikammer-Gefängnis.
Casanova, der Diplomat und Lebemann, der mit Europas gekrönten Häuptern auf Augenhöhe
verkehrte. Und nicht zuletzt Casanova, der Philosoph, der in seinen letzten Lebensjahren
zu einer beinahe abgeklärt anmutenden Leben seine Stellung fand. Bei Bella
Donna" lebt all dies von der ironischen Zuspitzung, dem typisch weiblichen Stachel
sanfter Bosheit, der sich hinter einem sanften Lächeln, einer einschmeichelnden
Geigenkantilene verbergen kann. Und von der äußerst demokratisch" anmutenden
Gleichberechtigung, die in den Arrangements herrscht.
Am deutlichsten wird dieser (wohl nur für wahre Virtuosinnen in solcher Konsequenz
auslebbare) Charakterzug in Montis altbekannten Csárdás": Reklamiert dessen
aberwitzig rasante Läufe und Triller doch nicht, wie sonst üblich, die erste Geigerin
exklusiv für sich - stattdessen dürfen alle mit ihrem unzweifelhaften technischen
Können brillieren. Da müssen sich andere Salonorchester warm anziehen. Oder nach Italien
flüchten ...
HANS VON DRAMINSKI |