Pressestimmen

 

 

20.07.2004 - Cellesche Zeitung

 

Hörenswerte Einheit von Kunst und Leben

"Vom Laster fasziniert, die Tugend verehrt"

Internationales Damen-Sextett "Bella Donna" aus Nürnberg

erobert Publikum im Celler Schloss

Das internationale Damen Salon Orchester "Bella Donna" aus Nürnberg gastierte auf Einladung des Künstlervereins Celle im Schloss. Die Zuhörer erlebten eine Synthese von authentisch empfundener, hinreißend gespielter Musik und verschmitzter Aneignung der Geisteshaltung und Lebensmaxime eines Giacomo Casanova.

von Bodo Uibel

Celle. In der "klassischen" Besetzung des Wiener Salonorchesters mit erster und zweiter Violine, Flöte, Cello, Kontrabass und Klavier und mit geschickt ausgewählten und fein dosierten Sentenzen aus der Lebensbeichte Giacomo Casanovas eroberte "Bella Donna" das Publikum im Celler Schloss. Der hiesige Künstlerverein hatte die Nürnberger eingeladen.

Bella Donna - schöne Dame. Aber auch Name der Tollkirsche, deren Gift zur Verwirrtheit und schließlich zum Tode führen kann. Bei medizinisch richtiger Dosierung ist es jedoch ein Heilmittel, erweitert die Pupillen und wirkt krampflösend. Man gebe sich einmal den Assoziationen hin, die allein dieser Begriff auszulösen im Stande ist. Wenn dann sechs musikalisch bestens ausgebildete und hoch professionell agierende Frauen sich Gedanken über ein in sich geschlossenes Programm von besonderer Art machen, dieses einstudieren, exzellent und dazu auch noch charmant vortragen, ist der Erfolg vorprogrammiert.

Und alles widerspiegelte Internationalität: Der Weltmensch Casanova, der in ganz Europa zu Hause war und praktisch alle europäischen Sprachen beherrschte, die Auswahl der Komponisten aus vielen Ländern Europas, die Palette der ausgewählten Werke von der Ouvertüre zu Mozarts Oper "Don Giovanni" über Chopins "Grande Polonaise brillante" bis hin zu Montis "Csárdás". Dazu die Herkunftsländer der musizierenden Damen - aus Ungarn Zsuzsa Zsizsmann (1. Violine), aus Tschechien Milada Schwarz (2. Violine), aus Uruguay Gudrun Bähr (Flöte), aus den USA Valerie Sattler (Cello), aus Deutschland Katrin Triquart (Kontrabass) und aus Russland Julia Goldstein (Klavier). Wenn diese dann die Zwischentexte in ihrer Landessprache oder auf deutsch mit landessprachlichem Akzent vortrugen, wähnte man sich mit Casanova in dem jeweiligen Land.

Aber es ging den Musikerinnen nicht um die Demonstration formaler Internationalität. Die Zusammenstellung ihrer Programme erfolgt thematisch gezielt. Das erfordert viel Zeit des Suchens und Nachdenkens. Bei dem vorliegenden Programm ging es ihnen um die Thematik der "Kultivierung des Sinnlichen" schlechthin. An der Verbindung von Casanovas Philosophie des Lebens mit der ausgewählten Musik aus unterschiedlichen Epochen und Genres sollte die Einheit von Kunst und Leben zum Hören, ja Begreifen gebracht werden - Verschmelzung von Musik einerseits und prallem Leben am Beispiel Giacomo Casanovas andererseits.

Die Lebensführung als alle Bereiche des Schönen umfassendes Kunstwerk erfüllte als Botschaft den Rittersaal. Das war nicht nur schlichte Unterhaltung. Das war ein Lockruf zum Aufbruch aus einer miesepetrigen Gegenwart, aus der Selbstbedauerung des verwöhnten Wohlstandsbürgers. Und man nimmt den augenzwinkernden Damen die Authentizität ihrer Rezeption des Bekenntnisses Casanovas von zwei Seelen in seiner Brust ab: "Vom Laster fasziniert und doch die Tugend verehrend".

Gleichermaßen spürte man, wie authentisch ihre Verehrung der Musik ist, wie intensiv sie dem Hörer in Wort und Ton die Lust am Leben und des Lebens Lust neu vermitteln wollen - ohne Gouvernanten und Zotenreißern einen Anlass für ein unpassendes Treiben zu geben. Und dies alles dargeboten in intelligenter, niveauvoller und vergnüglicher Art und Weise, die ihresgleichen sucht - das war gelungen.

Beim Hörer kam an, was gewollt war. An keiner Stelle des Programms fühlte man sich gelangweilt. Blickkontakte ins Publikum, Hinzutreten der beiden Geigen an einzelne Personen und die Animierung zum Mitsingen beim Chiantilied taten das Ihre. Starker Applaus und Bravo-Rufe belohnten die Musikerinnen, die sich ihrerseits mit zwei Zugaben bedankten.

BODO UIBEL

 

 

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